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Haftung

8.03.2010 | EVB-IT Systemlieferung | von Carsten Gerlach

Der Vertrag sieht eine weitgehend einheitliche Haftungsregel für alle Haftungstatbestände wie Verzug, Mängelansprüche, Nebenpflichtverletzungen, deliktische Anspruche etc. vor. Im Vertrag sind jedoch unterschiedliche Obergrenzen der Haftung bestimmt.


Vom Grundsatz her gibt das BGB eine der Höhe nach unbegrenzte Haftung vor. Eine faktische Begrenzung der Haftung kennt das Gesetz nicht. Für jeden von ihm schuldhaft verursachten Schaden haftet der Auftragnehmer in voller Höhe. Dies gilt auch, soweit ihm nur leichteste Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist. Er haftet auch für das Verschulden seiner Erfüllungsgehilfen, sogar, wenn ihm selbst an deren Verhalten keinerlei Verschulden trifft.


Ein Auftragnehmer hat jedoch ein wirtschaftliches Bedürfnis, seine Haftung möglichst weitgehend zu begrenzen. Es ist deswegen marktüblich, zugunsten des Auftragnehmers von dieser recht strengen Gesetzeslage abzuweichen. Dadurch soll Auftragnehmern ermöglicht werden, das Risiko eines Projektes vernünftig zu kalkulieren.

 

Die aus einem Projekt resultierenden Haftungsrisiken sind für den Auftragnehmer naturgemäß ein wesentlicher Punkt in seiner Kalkulation. Hohe oder gänzlich fehlende Haftungsbegrenzungen können also sowohl dazu führen, dass die Angebotspreise steigen als auch dazu, dass sich bestimmte Auftragnehmer gar nicht mehr an Vergabeverfahren beteiligen.

 

Niedrige Haftungssummen können dagegen durchaus zu niedrigeren Angebotspreisen führen. Ggf. kann man dies in der Ausschreibung durch Bildung von Bewertungsalternativen bezüglich unterschiedlicher Haftungs­grenzen abfragen.

 

Insbesondere börsennotierten Unternehmen fällt es regelmäßig aufgrund ihrer internen Richtlinien, teilweise aber auch aufgrund externer Vorgaben (z. B. US-amerikanischen Revenue Recognition Rules) sehr schwer, Angebote ohne Haftungsbegrenzung abzugeben.

 

Andererseits sollten die Risiken durch Haftungsregelungen auch nicht unangemessen auf den Auftraggeber verlagert werden, denn jeder Schaden, den der Auftragnehmer wegen einer Haftungsbegrenzung nicht ersetzen muss, ist letztlich durch den Auftraggeber zu tragen. Haftungsbegrenzungen sollten also möglichst so gefasst sein, dass keine unangemessenen Lücken zum Nachteil des Auftraggebers auftreten. Dies ist zu berücksichtigen, wenn die Haftungsregelungen aus Ziffer 15 der EVB-IT Systemlieferungs-AGB im Vertrag verändert werden.


Haftungsregelungen im Systemlieferungsvertrag 


Aus vergaberechtlichen Gründen wird der Systemlieferungsvertrag regelmäßig nicht verhandelt. Es sind daher bereits in die eigenen Bedingungen in Ziffer 4 der EVB-IT Systemlieferungs-AGB standardmäßig Begrenzungen der Schadensersatzhaftung aufgenommen worden. Diese gelten nicht für Ansprüche wegen
  • Vorsatz und grober Fahrlässigkeit,
  • bei der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit,
  • bei Arglist, soweit das Produkthaftungsgesetz zur Anwendung kommt
  • sowie bei Garantieversprechen

 

Im Übrigen sind sie rechtsgrundsneutral.

 

Im Ergebnis bedeutet das, dass in Abkehr der Haftungskonzepte der bisherigen EVB-IT keine abschließenden Schadensersatzregelungen mehr existieren (z. B. für Verzug oder bei Ansprüchen wg. Mängeln), sondern diese gem. Ziffer 14 der AGB geregelt werden.


 

Neu ist, dass die Haftungsobergrenze für Verzug auf 50 % des Auftragswertes gesenkt wurde und dass für die Haftung aus der Verletzung von Systemserviceleistungen eine eigene Haftungsgrenze festgelegt wurde, die sich nicht mehr an dem Wert des Systems orientiert, sondern an der Vergütung für die System­serviceleistungen.


Haftung bei Verzug


Die Haftungsobergrenze für Verzug wurde auf 50 % des Auftragswertes gesenkt. Eine Verringerung der bereits auf 50 % des Auftragswertes begrenzten Haftung sollte nur stattfinden, wenn die potentiellen Verzugsfolgen als gering eingestuft werden können und der Auftraggeber sich von einer Verringerung der Haftungsgrenze finanzielle Vorteile bei der Angebotskalkulation durch den Bieter erhofft. Werden die potentiellen Verzugsrisiken höher eingeschätzt als bei vergleichbaren Projekten, muss der Auftraggeber prüfen, ob er die Haftungsobergrenze angemessen erhöht und/oder ob er von einer Gesamthaftungsbegrenzung auf eine Begrenzung pro Schadensfall umstellt.


Haftung für entgangenen Gewinn

 

In Ziffer 15.6 der EVB-IT Systemlieferungs-AGB wird die Haftung des Auftragnehmers für entgangenen Gewinn ausgeschlossen. In Nummer 16.3 des EVB-IT Systemlieferungsvertrages kann diese Haftung jedoch wieder vereinbart werden. Hiervon ist dann Gebrauch zu machen, wenn durch Verzögerungen oder das Scheitern des Projekts, oder durch Fehler im System Schäden in Form von Gewinnminderungen entstehen können. Naturgemäß trifft dies nur Einrichtungen, die zumindest teilweise auf Gewinnerzielung ausgerichtet sind.




Haftungsobergrenzen


Die EVB-IT Systemlieferung begrenzen Schadens-, Freistellungs- und Aufwendungsersatzansprüche gegen den Auftragnehmer in Fällen leichter Fahrlässigkeit zunächst der Höhe nach:

  • Gemäß Ziffer 15.1 EVB-IT Systemlieferungs-AGB wird die Haftung in den Fällen einer leicht fahrlässigen Pflichtverletzung grundsätzlich für alle Schadensfälle zusammengenommen, insgesamt auf den Auftragswert begrenzt.
  • Bei Kleinaufträgen gelten die ebenfalls in Ziffer 15.1 EVB-IT Systemlieferungs-AGB genannten Abweichungen: bei einem Auftragswert von weniger als 25.000,00 € wird die Haftung auf 50.000,00 € begrenzt; beträgt der Auftragswert 25.000,00 € oder mehr, aber weniger als 100.000,00 €, wird die Haftung auf 100.000,00 € begrenzt.
  • Gemäß Ziffer 15.2 EVB-IT Systemlieferungs-AGB wird die Haftung für leicht fahrlässigen Verzug für alle Schadensfälle zusammengenommen,  insgesamt auf 50 % des Auftragswerts begrenzt.

Pauschale Obergrenze


Insgesamt haftet der Auftragnehmer jedoch nur beschränkt auf den sich aus Ziffer 15.1 der EVB-IT Systemlieferungs-AGB ergebenden Betrag, also i.d.R. 100 % des Auftragswertes (siehe Satz 2 Ziffer 15.2 der AGB). Die Haftung gemäß Ziffer 15.2 der AGB stellt also eine Art Subbegrenzung innerhalb der Summe von Ziffer 15.1 der AGB dar und versteht sich nicht zusätzlich zu der Haftungsbegrenzung aus Ziffer 15.1 der AGB.


Haftung für Systemservice


Gemäß Ziffer 15.3 der EVB-IT Systemlieferungs-AGB wird die Haftung für den Systemservice gesondert begrenzt.


Das bedeutet (in Haftungsfällen nach der Lieferung des Systems), dass nicht mehr der Auftragswert, sondern die Vergütung für den Systemservice zur Berechnung der Haftungsobergrenze dient. Diese berechnet sich nach der Vergütung für Systemservice für das erste Vertragsjahr. Haben die Parteien für das erste Vertragsjahr eventuell bestehende Mängelansprüche (Gewährleistungsansprüche) gegen den Auftragnehmer als vergütungsmindernd vereinbart, bleibt diese Minderung bei der Berechnung der Haftungsgrenze unberücksichtigt.

Die Haftungsobergrenze beträgt insgesamt das Doppelte der Vergütung, die für das erste Vertragsjahr zu zahlen ist.


Begrenzung dem Grunde nach


Schadens- und Aufwendungsersatzansprüche werden durch die AGB auch dem Grunde nach beschränkt. Der Auftragnehmer haftet bei Verlust von Daten nur für den Aufwand, der bei ordnungsgemäßer und regelmäßiger Datensicherung durch den Auftraggeber für die Wiederherstellung der Daten erforderlich gewesen wäre. Diese Beschränkung gilt nicht, wenn und soweit die Datensicherung Bestandteil der vom Auftragnehmer zu erbringenden Leistung ist.


Die genannten Haftungsbegrenzungen gelten auch für die Verletzung von vertraglichen Hauptpflichten, aber nicht bei Haftung wegen Vorsatzes oder grober Fahrlässigkeit, bei der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit, bei Arglist (soweit das Produkthaftungsgesetz zur Anwendung kommt) sowie bei Garantieversprechen.


Die Haftung für entgangenen Gewinn ist in den AGB vollständig ausgeschlossen. Dies kann jedoch im Vertrag (Nummer 16.3) anders vereinbart werden.


25.04.2024

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